Nicht nur wegen der Wirtschaftskrise sind die Kulturzentren mehrheitlich gezwungen, mehr in Angebote zu investieren, die Gewinne einfahren. Vielfach von kommunaler Förderung abhängig, rutschen sie ansonsten leicht in die roten Zahlen.
Erst in letzter Zeit wurde der Wert der Zentren erkannt und wurden spezielle Fördertöpfe eingerichtet, die jedoch auch keine kontinuierliche Förderung garantieren.
Nicht umsonst werden immer häufiger verstärkt Musik- und Discoveranstaltungen angeboten, ebenso wie gastronomische Leckerbissen. Nichts dagegen – aber die Gefahr der Austauschbarkeit wächst. Es besteht das Risiko der Austauschbarkeit, die Grenzen zu kommerziellen Anbietern verwischen. Dabei liegt die Kernaufgabe der Kulturzentren doch in anderen Bereichen – Räume fürs Experiment zur Verfügung zu stellen. Sie wollen einem breiten Publikum die Teilhabe an Kultur ermöglichen.
Der besondere Charme
Der Charme liegt in den überraschenden Theateraufführungen, selteneren Filmen, szenischen Lesungen, Ausstellungen und Festen. Gruppen können eigene Programme ausarbeiten, sich selbst organisieren. Daneben leisten die Zentren noch weitere Arbeiten, wie die Förderung von Nachbarschaften, Quartiersimage und die Förderung von Netzwerken.
Kommerzielle Angebote müssen zudem normal versteuert zu werden, so dass die Gewinne wieder schmelzen. Ein gefährlicher Kreislauf findet statt – weil irgendwann die Argumentation greifen könnte, dass die Zentren, die gewinnbringend arbeiten, keine öffentliche Förderung mehr benötigen. Es bleibt immer ein finanzielles Risiko, dass sich auf den Mitarbeiterstrukturen niederschlägt.
Die Zentren leisten höchst unterschiedliche Arbeit, die ein hohes Maß an kultureller und sozialer Professionalität voraussetzt. Honoriert wird dies den Mitarbeitern jedoch oft genug recht schlecht.
Vielfach werden ABM-Kräfte eingesetzt oder arbeiten qualifizierte Menschen für 400,00 Euro monatlich. Dies verwundert umso mehr, als die Kulturwirtschaft insgesamt mittlerweile mehr Menschen beschäftigt – nämlich 42.000 -, als der ehemalige Bergbau in der Region. Dort waren 39.000 Menschen beschäftigt. Die Zentren sind selbstverständlich wesentlicher Teil der Kulturwirtschaft.
Große Risiken
Eigentlich müssten sie eine starke Lobby bilden. Aber immer weniger Zentren sind durchgehend in der Lage, das Risiko künstlerisch ambitionierter Projekte zu tragen, das Experiment wird zurückgedrängt. Die Förderung pro Besucher ist drastisch zurückgegangen – ein Faktor, den einst die Zeche Carl in Essen schmerzlich zu spüren bekam.
1977 wurde die Initiative Zentrum Zeche Carl e.V. gegründet und zum Kulturzentrum umgebaut. Das überregional bekannte Zentrum leistet seit mehr als 25 Jahren seine Arbeit. Daneben sind hier auch politische Institutionen und Selbsthilfegruppen angesiedelt. Ebenso befand sich auf dem Gelände der Offene Kanal Essen.
Die Zeche Carl beschäftigte 22 fest angestellte und über 100 freie Mitarbeiter – musste aber 2008 Insolvenz anmelden. Mittlerweile wurde das Zentrum durch mehrere Aktionen und Solidaritätsveranstaltungen gerettet. Ein Schicksal, das auch andere Zentren treffen kann, mögen sie noch so sehr prosperieren.
Fehlende Anerkennung
Die finanzielle Anerkennung entspricht nicht den Aufgaben und der Qualität der Zentren. Dabei sind sie gesellschaftlich anerkannt. Sie sind und bleiben Lern- und Experimentierfelder für Bildung und Kultur – immer stärker gezwungen mit immer weniger Geld attraktive Programme anzubieten.
Ein Zustand, unter dem die Qualität leiden muss. Der gesellschaftliche Wert muss in den Fokus gerückt werden – nicht zuletzt mit Blick auf den Wert der Arbeit der vielen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen- sei es ehrenamtlich oder bezahlt – sei es hinsichtlich ihres hohen Grades an professioneller Arbeit. (mgb)